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Trainingstipps für Renneinsteiger
Welcher Hobbyradler saß noch nicht fasziniert vor dem TV und “strampelte”
gemeinsam mit Jan Ullrich, Lance Amstrong, Eric Zabel und wie sie alle heißen,
die steilen Anstiege der Alpen, Dolomiten oder Pyrenäen hinauf?
Die Zahl derer, die bei solchen Ereignissen am Fernseher über die eigene
Teilnahme an Radrennen nachdachten, ist mit Sicherheit nicht gering! Genau dann
stellt sich allerdings meistens die Frage, wie man sich richtig auf die erste
Rennsaison vorbereitet.
Im Folgenden sollen dazu einige Tipps gegeben werden, die sich zum Teil aus
eigenen Erfahrungswerten ergeben und keineswegs einen wissenschaftlichen Rahmen
darstellen sollen.
Zunächst muss jeder Radfahrer wissen, wie viel und wie oft er trainieren
will und kann.
Bereitet man sich auf Radrennen vor, sollte man bedenken, dass auch neben Familie,
Beruf, Schule oder Studium konsequent und kontinuierlich trainieren werden muss,
um nicht den Anschluss - im wahrsten Sinne des Wortes - zu verpassen.
Um die eigene Leistungsfähigkeit richtig auszubilden, ist die Verwendung
einer Pulsuhr/Herzfrequenzmessers und eines Radcomputers mit Trittfrequenzfunktion
unabdingbar.
Die individuelle, maximale Herzfrequenz (maxHF) spielt bei jedem (Ausdauer-)
Training eine entscheidende Rolle. Um diese exakt zu ermitteln, sollte man sich
einem Leistungstest auf dem Fahrradergometer unterziehen. Dieser Test kann vom
Hausarzt durchgeführt werden oder man wendet sich an Institute, welche
sich auf die Leistungsdiagnostik spezialisiert haben. Die allgemein bekannte
Formel „220 minus Lebensalter“ gibt nur eine grobe Orientierung, die den Sporteinstieg
erleichtern soll. Für einen wettkampforientierten Radfahrer stellt sie
keinen optimalen Anhaltspunkt dar. Die unterschiedlichen Trainingsbereiche,
die stets von der maxHF hergeleitet werden, müssen optimal in der Vorbereitung
eingesetzt werden. Deshalb ist es sinnvoll, die Saison in verschiedene Phasen
mit genau definierten Zielen einzuteilen:
In der Zeit von November bis Mitte März, 45. bis 10. Kalenderwoche, sollte
an der Grundlagen- und Kraftausdauer gearbeitet werden. Dies erreicht man durch
lange Trainingseinheiten mit einer Dauer von bis zu vier Stunden. Die Herzfrequenz
liegt dabei in einem Bereich von 65 bis 75 % der maxHF, die Trittfrequenz bei
90 bis 110 Umdrehungen pro Minute.
Für die Entwicklung der Kraftausdauer empfehlen sich zunächst Fahrten
in der Ebene mit einer großen Übersetzung und einer Trittfrequenz
zwischen 50 und 70 U/min. Die Herzfrequenz liegt bei 70 bis 80 % der maximalen
Leistungsfähigkeit. Mindestdauer 30 Minuten, Höchstdauer circa zwei
Stunden. Ein- und Ausfahren nicht vergessen!
Der Trainingsumfang sollte alle drei bis vier Wochen um circa fünf bis
zehn Prozent gesteigert werden. Wichtig ist, dass Trainingswochen mit geringerem
Umfang dazwischen liegen, damit der Körper sich regenerieren kann.
Die allgemeine Vorbereitungsphase sollte auch dazu genutzt werden, den Fettstoffwechsel
in Schwung zu bringen. Dies geschieht durch lange Fahrten (mindestens drei Stunden)
mit geringer Intensität (60 bis 65 %).
Dabei wird in den ersten beiden Stunden keine Nahrung aufgenommen und nur allmählich
kohlenhydratreiche Kost zugeführt.
Aber nicht nur Radfahren sollte auf dem Programm stehen. Wenn das Wetter schlecht
ist oder man keine Zeit hat, um bei Tageslicht zu trainieren, ist es notwendig,
sich über alternative Sportarten Gedanken zu machen. Joggen, Schwimmen,
Fußball, Tennis, Badminton etc. sind eine ideale Abwechslung und fördern
die allgemeine Physis. Kraftsport für den Oberkörper und die Beine
sollte auch Bestandteil des Wintertrainings sein.
In der speziellen Vorbereitungsphase, 11. bis 16. Kalenderwoche, stehen intensivere
Trainingseinheiten am Berg und in der Ebene auf dem Plan.
Ziel ist es, den Körper auf die Wettkampfbelastungen vorzubereiten. Trainingsinhalt
kann zum Beispiel die Verbesserung der Kraftausdauer sein.
Dazu sollte man sich einen circa zwei bis vier Kilometer langen Anstieg mit
einer Steigung von sechs bis acht Prozent suchen. Diese wird anfangs zwei, im
Verlauf der weiteren Vorbereitung, zwei bis sechs mal (je nach Trainingszustand),
mit großen Gängen und einer niedrigen Trittfrequenz (40 - 80 U/min)
befahren. Die Herzfrequenz liegt zwischen 85 und 90 % der maxHF. Zwischen den
einzelnen „Auffahrten“ sollte ein 20minütiges Ausfahren mit mittlerer Belastung
(65 %) stattfinden.
Es ist zweckmäßig, diese Trainingsmethode an zwei aufeinanderfolgenden
Tagen (Dienstag/Mittwoch) anzuwenden. Am darauffolgenden Tag sollte man sich
Ruhe gönnen!
Sprints, intensive Bergfahrten und Einzelzeitfahren schulen die Tempohärte
bzw. tragen zur Verbesserung der Schnellkraft bei. Die Grundlagenausdauer nimmt
in dieser Phase jedoch weiterhin den Hauptbestandteil (mind. 80 %) des Radtrainings
ein.
Ende April beginnt der erste Wettkampfblock. Als Einsteiger sollte man sich
jedoch keine zu schweren Rennen aussuchen, da man sich erst an den Ablauf eines
Radrennens gewöhnen muss. Das hohe Tempo, die Kurvenfahrten, das „ Rad-
an- Rad-Fahren“ und die anfängliche Nervosität machen den Einstieg
nicht leicht.
Sollten die ersten Wettkämpfe deprimierend gewesen sein, sollte man nicht
den Kopf in den Sand stecken. Es bedarf unter Umständen einer Vielzahl
von Rennen, bis der Zielstrich wirklich das erste Mal erreicht wird. Jedes einzelne
Rennen fördert die Wettkampfhärte, die gerade am Anfang noch geschult
werden muss. Ist es jedoch nicht möglich, genügend Wettbewerbe zu
bestreiten, muss dies durch intensive Trainingseinheiten kompensiert werden.
Wichtig für das Training während der Rennphase ist die Aufrechterhaltung
der allgemeinen Ausdauer. Aufgrund der kraftbetonten Wettkämpfe kann diese
nachlassen und muss durch Trainingseinheiten im Grundlagenausdauerbereich erhalten
werden. Drei bis vier Tage vor einem Wettkampf empfiehlt sich ein Kraftausdauertraining
in der Ebene oder am Berg.
Ungefähr im Juli bietet sich eine dreiwöchige Rennpause an, in der
sich der Körper erholt und die Ausdauer ausgebaut wird, um den zweiten
Wettkampfblock erfolgreich zu bestreiten.
Um für die darauffolgende Saison Orientierungspunkte zu haben und um mögliche
Fehler abzustellen und zu vermeiden, ist das Führen eines Trainingstagebuches
notwendig. Darin werden Ruhepuls (vor dem Aufstehen), Körpergewicht (vor
dem Frühstück), die gefahrenen Kilometer, Dauer der Trainingsfahrt,
Trainingsziel, das Streckenprofil, Wetterverhältnisse und der Durchschnittspuls
notiert.