Cardio vs. Krafttraining "Ich werd noch bekloppt"

Hallo zusammen,

Ich bitte jetzt schon mal um Entschildigung, sollte das folgende hier schon mal ausführlich besprochen worden sein, aber ich habe beim ersten überfliegen nichts gefunden und da mein Anliegen ja auch individuelle Schwerpunkte hat, möchte ich jetzt nochmal auf mich bezogen genau fragen:

Ist mein Krafttraining nach dem Cardio für die Katz oder nicht ?

Worum geht´s(?):
Ich bin ende 30 Anfang 40 und habe massives Übergewicht. Vor 8 Jahren gelang es mir schon einmal 50 Kilo durch reines Cardiotraining zu verlieren habe aber nach einem Jahr das JoJo dermaßen geschwungen, so daß die ganzen 50kg wieder zurück kamen und auch noch 20kg Freunde mitbrachten. (Unfassbar ich weiß).

Nun ging es letztes Jahr im September wieder los. Erst Ernährungsumstellung, dann ab Januar noch Fitnessstudio dazu.
Ich bin allerdings Famileinvater und voll Berufstätig, so daß ich zeitlich nicht mehr zustande bekomme als das Folgende.

Derzeitiger Status Quo ist:

Startgewicht:170kg
Bisheriger Gewichtsverlust: 23kg
Ernährung: 1600kcal am Tag (Bürojob), wenig Fett und Abends möglichst keine Kohlenhydrate.
Sport: 2-3 mal die Woche (wobei 3mal eher seltener ist)
Was: Cardio = 1 Std. Crosstrainer, danach 30min. Fahrrad. Beides nach Herzfrequenz
Krafttraining = 30-45min. Gewichte 3 Sätze a 10-15 Wiederholungen mit meinem persönlichen Maximalgewicht

Nun frage ich mich allerdings schon seit geraumer Zeit ob das Krafttraining überhauot etwas bringt.
Jenachdem wo mal liest, heisst es nämlich das sich Muskelaufbau und Fettabbau wiedersprechen, also entweder oder bzw. zumindest an ein und dem Selben Trainingstag nicht sinnvoll ist. Wie man sich aber denken kann, möchte ich trotz der geringen Zeit unter der Woche beides erreichen, wenn auch der Schwerpunkt auf dem Fettabbau bzw. dem Gewichtsverlust liegt. Bei dem Massen die ich verlieren möchte und dem langjährigen Übergewicht möchte ich wenigstens ein wenig die Hautlappen mit Muskeln füllen. Das wird zum Großteil nicht möglich sein, aber an einigen Stellen aber schon.

Also, bin ich in die Futt gekniffen was das Problem angeht oder ist das Krafttraining nach dem Cardio nicht für die Katz...oder ist das bisschen was ich mache (30-45min) eh zu wenig um Muskeln auszubauen.

Ich bin nun voll angefixt und habe mir fest die 50kg Gewichtsverlust in 2014 vorgenommen, aber der Gedanke hier jede Trainingseinheit 30-45min. zu verschwenden, macht mich noch wahnsinnig.

Danke jetzt schon mal für die Hilfe.

Gruß
D.

 

Cardio vs. Krafttraining "Ich werd noch bekloppt"

Hallo D.,

ich bin zufällig auf Deine Frage gestossen und bin ebenfalls nicht in diesem Forum registriert.

Zu aller erst: Mach' Dich nicht mit diesen Fragen verrückt
Und : Nicht alle, die etwas zu diesen (und anderen) Themen im Internet von sich geben, wollen auch das Beste für Dich. Wie Du an Deinen spezifischen Ecken und Kanten ja schon erkannt haben wirst.

Wichtig ist, dass Du Spaß hast, Erfolge verzeichnest und Dich gut dabei fühlst.

Nun ein wenig genauer :

Der Punkt, weswegen man sagt, dass sich Fettabbau und Muskelaufbau widersprechen liegt vor allem im "Leistungsbereich". Es heißt, man sei entweder Bodybuilder oder Cardio-Sportler.

Bodybuilder : Trainiert viel, mit viel Gewicht, isst reichhaltig und nimmt, in der Regel, auch spät abends und in der Extremform auch mitten in der Nacht noch Proteine und vor allem Kohlenhydrate zu sich -> um seinen Muskeln zu jeder Tages- und Nachtzeit eine optimale Nährstoffzufuhr zu gewährleisten. Bodybuilder, die sich in der "Massephase" befinden legen es darauf an, an Gewicht zu zunehmen. In dieser (extremen) Form beschrieben, passt dieses Konzept natürlich nicht zu Deinem Plan. Ich selbst kenne Bodybuilder, die 2x pro Nacht aufstehen und sich Reis mit Hühnchen kochen...
In der "Definitionsphase" allerdings wird fett abgebaut und es werden möglichst keine Kohlenhydrate aufgenommen. Die Proteinversorgung der Muskulatur wird jedoch aufrecht erhalten. Diese Form würde schon eher in Dein Konzept passen.

Cardio-Sportler : Nutzt Crosstrainer, Laufrad, Fahrrad etc. und kann ebenfalls mit Gewichten trainieren. Allerdings gibt es beim Thema Gewichte unterschriedliche Vorlieben : Die einen machen mehr Sätze aber weniger Wiederholungen mit mäßigem Gewicht, die anderen bevorzugen weniger Sätze aber dafür mehr Wiederholungen pro Satz und trainieren im Allgemeinen eben mehr die Ausdauer des jeweiligen Muskels und des gesamten Körpers. Nicht unbedingt "pumpen" aber fit und vital sein, heißt die Devise.

Dass jemand, der sehr viele Kalorien verbrennt, weil er viel im Bereich Ausdauer unterwegs ist, größere Probleme haben könnte, Muskelmasse oder eher Körpermasse aufzubauen, klingt auch logisch, findest Du nicht?

Da Dein primäres Ziel der Abbau von Fett und Körpermasse ist, sollte natürlich Dein Schwerpunkt weiterhin (wie ich es Deinen Angaben entnehme) im bereich Cardio liegen. Dass Du mit einer Kalorienzufuhr von rund 1600 kcal pro Tag nicht direkt nach dem Verlust von 50kg aussehen wirst wie Arnold, dürfte ja klar sein.

Wichtig für Dich sollte folgendes sein : Es ist zwar nicht egal, welchen Sport Du nutzt, um Dein Gewicht zu reduzieren, da der Sport möglichst effektiv sein sollte, aber erlaubt ist, was Spaß macht und was Dir ein gutes Gefühl gibt und Ergebnisse liefert (also möglichst kein Schach oder stationäres schießen am Schiessstand).

Ausserdem solltest Du bei Deinem Ziel nicht komplett auf eigene Faust handeln. Ich weiß, die meisten Ärzte sind bocklos und weniger am Patienten interessiert, als an der minutengenauen Abrechnung mit der Krankenkasse.
Es gibt allerdings Ärzte, die einem tatsächlich helfen wollen. Ich hatte das Glück so eine Ärztin kennen zu lernen. Vielleicht klappt das bei Dir ja auch. Nein, ich hatte kein Gewichtsproblem - wurde aber von meiner Ärztin z.B. nicht bei jeder Kleinigkeit gleich sinnlos mit Antibiotika vollgepumpt. Sie hat eine erste Vermutung nicht gelten lassen und erst alle(!) Tests gemacht, bevor es überhaupt ein Medikament gegen irgendwas gab - wenn es denn eines gab. Manchmal half auch einfach Bettruhe und Tee-trinken... Ich schweife zu sehr ab...

Des weiteren spielt die Familie und das Umfeld eine wichtige Rolle - wichtiger, als mache Menschen es sich vorstellen können. Lass Dich unterstützen und vernachlässige niemanden, der Dir wichtig ist - klingt einfach, ist es aber nicht - das weißt Du sicherlich (Thema JoJo...?). Lass Dich nur nicht entmutigen!!!

Ich sage immer : Ziele, Träume und Wünsche sind wichtig. Manchmal hilft auch ein Gebet. Worauf es jedoch ankommt, ist, dass man aufspringt und die verdammte Arbeit auch erledigt!

Jetzt vergiss wieder alles verwirrende zum Thema Cardio gegen Krafttraining und merke Dir folgendes : Dein Krafttraining wird auf jeden Fall nicht umsonst sein! Auch beim Krafttraining verbrennt man Kalorien! Ein zusätzlicher Effekt ist der, dass man den jeweiligen Muskelgruppen einen Wachstumsreiz gibt.

Bei zwei Trainigseinheiten pro Woche sollte man darüber nachdenken, ob gezielte Übungen für ganz bestimmte, einzelne Muskeln (z.B. Bizeps mittels Curls) Sinn machen oder ob man nicht doch lieber breiter gefächerte Workouts machen wollte, bei denen gleich mehrere Muskeln in der selben Zeit beansprucht werden (z.B. Klimmzüge - immer wieder versuchen, bis es klappt - Liegestütz, kombinierte Bauchmuskelübungen - für obere und untere Partie zugleich, "" und "Lunges" etc.)
Wichtig ist, jemand erfahrenes, vor allem in der Anfangszeit, darum zu bitten, immer mal wieder auf Deine Körperhaltung zu achten. Schließlich willst Du ja etwas "heil" machen und nicht "kaputt".

Wenn man es richtig macht, kommt man dabei auch ordentlich ins Schwitzen. Wenn nicht, machst Du etwas falsch und solltest optimieren. Es ist wichtig, wie oft Du trainierst, wie viel Du hebst, stemmst, drückst (etc.) und wie oft Du es hebst, stemmst...

Aber es ist nicht das einzig wichtige - eine Idee wäre, mit einem guten Arzt zu besprechen, in wie weit es sinnvoll wäre, die Aufnahme von Salz zu verringern (natriumarme Ernährung), da Natrium bekanntlich dem Körper hilft, Wasser zu speichern - mehr Wasser -> mehr Gewicht. Wichtig : Ärztlichen Rat einholen.

Schlafen - wenn möglich tun es die meisten Menschen gerne - versuche einfach ausreichend zu schlafen. Wenn nicht aus beruflichen oder familiären Gründen unbedingt notwendig, nutze die Nacht zum Schlafen, statt z.B. sinnlos TV bis in die späten Abendstunden zu gucken. Erholung ist gut für die Muskulatur. Angeblich wird in der Phase des REM-Schlafs viel Muskelmasse aufgebaut...

Flüssigkeitsaufnahme : "Viel" muss nicht unbedingt gut sein - da scheiden sich die Geister. Wichtig ist, ausreichend zu trinken - keine festen Trinkpläne (wie z.B. alle 15 Minuten 150ml oder ähnlicher Quatsch) sondern wenn Du Durst hast, wenn der Mund trocken ist etc. Entgegen früheren Meinungen kann man beim Cardio tatsächlich "zu viel" trinken und mit gesundheitlichen Schäden davon kommen - einfach mal gegensätzliche Meinungen googlen, macht Spaß

Wie Du es schon machst, ist es auch wichtig auf die Herzfrequenz zu achten. Bei starkem Übergewicht soll man ja angeblich besonders gefährdet sein, wenn es um Herzinfarkte, Schlaganfälle etc. geht. Ich bin kein Mediziner und könnte auf logischen Grundlagen für beide Seiten Argumente finden. Aber trotzdem halte ich es für sinnvoll, nicht zu übertreiben und untrainiert einen 20km Marathon in zwei Stunden zu versuchen...
Meine Meinung : Man sollte schon etwas in Wallung kommen, aber auf keinen Fall übertreiben.

Was Du in diesem Zusammenhang zur Verbesserung des Muskelaufbaus noch anwenden kannst, ist ein Protein-Shake, der völlig Fett- und Kohlenhydratefrei mit Wasser (statt mit Milch) angerührt wird. Ich werde hier keine Werbung für bestimmte Anbieter oder Produkte machen, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es solche Produkte gibt. Es gibt eine Nr.1 in Europa, was Fitness anbetrifft, und die können Dir sicherlich helfen, wenn es der Pulververkäufer um die Ecke nicht kann oder nicht will.

Ich wünsche Dir bei Deinem Vorhaben kein Glück, sondern viel körperliche Ausdauer, Kraft, Gesundheit und mentales Durchhaltevermögen, sowie all die Unterstützung, die Du bekommen kannst.

Keep up the good work - 23 von 50 sind erreicht, der Rest wird doch ein Klacks!

Grüße
S.

 

Cardio vs. Krafttraining "Ich werd noch bekloppt"

Wow....danke für diese ausführliche und hilfreicheAntwort.
Ich werde versuchen etwas geduldiger zu sein und das Schachtraining erstmal absagen ;-)
Nein Ernsthaft: Danke für die Mühen, hat mir weitergeholfen.

Gruß
D.

 

Cardio vs. Krafttraining "Ich werd noch bekloppt"

@ PatrickDa : Finde ich sehr gut, dass Du Dein offensichtliches Fachwissen auf eine ausführliche Weise geteilt hast. Vielen Dank! Wenn es hier mehr hilfsbereite Forenmitglieder wie Dich gibt, würde ich sogar über eine Registrierung nachdenken.

Besonders gut hat mir gefallen, dass Du die Herren Kieser und Mosley namentlich genannt hast. So hat man gleich die Möglichkeit, direkt den Namen und deren Programme/Philosophien zu recherchieren.
Außerdem finde ich es gut, dass Du an etwas gedacht hast, was ich vergessen habe : Den Muskelabbau... War für mich scheinbar unterbewusst zu selbstverständlich, weshalb ich es wahrscheinlich nicht in Betracht gezogen habe, dies zu erwähnen.

Vielen Dank!

@ D.: Gern geschehen
Zur Aussage von PatrickDa zum Thema Muskelabbau : Noch zwei Begriffe nach denen es sich zu googlen lohnt : "katabol" und "anabol". In dem Zusammenhang kannst Du auch herausfinden, wie Du es durch Ernährung schaffst, dass Deine Muskeln während des Cardio- oder Krafttrainings möglichst nicht in einen katabolen Zustand fallen zu lassen, aber trotzdem nicht unnötig Kalorien, Fette, etc. zu Dir nimmst.
Sollte ich unangemeldet Links posten können, sollte hier jetzt vielleicht ein hilfreicher für Dich erscheinen : Pre-Workout Muskelaufbau: Vor dem Training Essen? - MarathonFitness
Wohlgemerkt handelt es sich hierbei um einen Menschen, der seinen Senf dazu gibt, es gibt bestimmt noch unzählige, weitere Quellen für derartige Informationen.

Vielleicht nützt es Dir ja etwas. Viel Erfolg und bleib dran!

Gruß S.